Dringender Handlungsbedarf: Pflanzenschutzmittel gegen neue Schädlinge und Krankheiten

Durch den Klimawandel breiten sich Schädlinge und Pflanzenkrankheiten in Deutschland immer stärker aus. Ohne wirksamen Pflanzenschutz drohen massive Ernteausfälle und wirtschaftliche Einbußen. Doch das Zulassungsverfahren in Deutschland ist langsamer als in anderen Ländern. Das bremst die hiesige Landwirtschaft aus.

Die Landwirtschaft benötigt dringend moderne und wirksame Pflanzenschutzmittel, um die Erträge zu sichern und den steigenden Herausforderungen durch den Klimawandel zu begegnen. Bürokratische Hürden in der EU und in Deutschland verzögern jedoch die Genehmigung wichtiger Wirkstoffe, während Landwirtinnen und Landwirte mit wachsendem Schädlingsdruck kämpfen.

Die Marktzulassung eines neuen Pflanzenschutzmittels in Europa dauert durchschnittlich sieben bis neun Jahre, egal ob es sich um ein chemisches oder biologisches Pflanzschutzmittel handelt. Dass dieser Prozess insbesondere für biologische Pflanzenschutzmittel deutlich schneller geht, zeigen die USA. Dort gibt es für sogenannte „biopesticides“ ein beschleunigtes Zulassungsverfahren. In der EU gibt es letzteres nicht, hier müssen auch biologische Pflanzenschutzmittel genauso lange auf die Zulassung warten, wie chemische Produkte.

Für Landwirtinnen und Landwirte heißt das: Wenn heute ein neuer Schädling auftritt, wie beispielsweise die grüne Reiswanze im Gemüsebau, dann ist eine neue Methode zu dessen Bekämpfung frühestens im Jahr 2032 verfügbar.

Gleichzeitig wird die Palette verfügbarer Pflanzenschutzmittelwirkstoffe immer weiter eingeschränkt. So waren im Januar 2025 über 2000 Pflanzenschutzmittel in Deutschland zugelassen, dahinter steckten jedoch nur rund 280 aktive Wirkstoffe, etwas weniger als die fast 290, die noch im Jahr 2019 zugelassen waren.

 

Warum gibt es immer weniger zugelassene Pflanzenschutzmittel?

Die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland geschieht als Teil eines zweistufigen Verfahrens. Die Wirkstoffe für Pflanzenschutzmittel werden von der EU-Kommission genehmigt. Pflanzenschutzmittel mit genehmigten Wirkstoffen müssen anschließend national zugelassen werden.
In Deutschland sind mehrere Institutionen, nämlich das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), das Umweltbundesamt (UBA) und das Julius Kühn-Institut (JKI) in den Prozess involviert. Durch Abstimmungsbedarf und ineffiziente Abläufe kommt es oft zu Verzögerungen.

 

Wie funktioniert die Zulassung in den USA?

Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass Deutschland bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln besonders restriktiv vorgeht. In den USA beispielsweise erfolgt die Zulassung neuer Pflanzenschutzmittel durch die Environmental Protection Agency (EPA) anhand eines klar strukturierten Zulassungsverfahrens, das weniger Behörden involviert und effizienter organisiert ist. Dies ermöglicht/erleichtert es der Industrie/den Herstellern, innovative Lösungen gegen neue Bedrohungen schneller für die Landwirtschaft verfügbar zu machen.

Die langen Bearbeitungszeiten in Deutschland benachteiligen dagegen die deutschen Betriebe im internationalen Wettbewerb und erschweren so eine nachhaltige Landwirtschaft. Für Landwirtinnen und Landwirte wird es schwieriger, effektiv gegen Schädlinge vorzugehen. Statt effizienten Mitteln haben sie oft nur neue Mischungen alter Wirkstoffe zur Verfügung.
Für Unternehmen wird es immer weniger attraktiv, die Zulassung für neue Mittel zu beantragen. Darunter leiden vor allem Sonderkulturen, wo das Problem geringer Wirkstoffverfügbarkeit besonders akut ist.

Zum nächsten Fakt

Schädling auf dem Vormarsch: Was hilft gegen die Schilf-Glasflügelzikade?

In Folge des Klimawandels verbreitet sich in Deutschland die Schilf-Glasflügelzikade immer weiter, vor allem im Zuckerrüben- und Kartoffelanbau.  Sie kann Bakterien übertragen, welche die Krankheiten des „Syndroms der niedrigen Zuckergehalte“ sowie Stolbur auslösen können. Beide Erkrankungen führen zu erheblichen Ertrags- und Qualitätsverlusten, neben Zuckerrüben und Kartoffeln sind inzwischen auch Gemüsesorten wie Karotten und Rote Beete betroffen. Da die Möglichkeiten zur Bekämpfung begrenzt sind, ist die Existenz vieler landwirtschaftlicher Betriebe durch den Schädling bedroht.

Der Druck auf Landwirtinnen und Landwirte durch die Schilf-Glasfügelzikade nimmt zu. Denn sie verbreitet Erreger, die zwei Erkrankungen auslösen. Zum einen die Stolbur-Krankheit, die Rübenkörper bzw. Kartoffelknollen verschrumpeln und gummiartig werden lässt, wodurch sie als Gummirübe bzw. Gummiknolle bezeichnet werden. Zum anderen das Syndrom der niedrigen Zuckergehalte – Syndrom Basses Richesses, kurz SBR. Allein im Rübenanbau verdoppelte sich zwischen den Jahren 2023 und 2024 die betroffene Fläche mit Starkbefall der Krankheiten laut Deutschem Bauernverband nahezu auf mindestens 75.000 ha.

Zwar arbeitet die Forschung mit Hochdruck daran, den Schaderreger, Symptome und mögliche Lösungsansätze zu erforschen. Bislang steht aber keine fertige Bekämpfungsstrategie zur Verfügung, es gibt nur einzelne Bausteine, die helfen, die Zikadenpopulationen einzudämmen. Branchenverbände appellieren daher an die Politik: In der aktuellen Situation sollte die Notfallzulassung geeigneter Pflanzenschutzmittel möglich gemacht werden.

Notfallzulassungen sind aber keine dauerhafte Lösung. Landwirtinnen und Landwirte brauchen bei Starkbefall langfristig eine zugelassene Bekämpfungsoption.

Pflanzenbauliche Maßnahmen gegen die Zikade

Unterstützen pflanzenbauliche Maßnahmen die Bekämpfung der Schilf-Glasflügelzikade? Bodenbearbeitung durch tiefes Pflügen scheint nicht zuverlässig zu helfen. Das haben jüngste Versuche der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft bestätigt. Auch der Einsatz von Branntkalk zeigt keine Wirkung. Lediglich eine weite Fruchtfolge, d. h. Anbaupausen von Kulturen, von denen sich das Jugendstadium der Zikade (Nymphe) ernährt, oder generell gar kein Anbau dieser Pflanzen können dazu führen, die Zikaden durch Nahrungsentzug auszuhungern und so ihren Bestand zu reduzieren. Da die Larven im Boden überwintern und sich von Getreidewurzeln ernähren, sollten Landwirtinnen und Landwirte möglichst auf eine Getreidefruchtfolge nach Zuckerrüben verzichten. Dies gilt auch für andere Wirtspflanzen wie Kartoffeln, Zwiebeln, Karotten oder Rote Beete.

Die große Herausforderung wäre aber, dass sämtliche landwirtschaftlichen Betriebe in einer Region ihre Fruchtfolge entsprechend umstellen müssten. Ansonsten könnten die Zikaden aus benachbarten Schlägen einwandern. Um den Larven keine Nahrung zu bieten, sollten die Betriebe außerdem die Äcker möglichst lange – bis Ende April oder Anfang Mai – ohne grüne Bodenbedeckung halten, also in sogenannter Schwarzbrache. Dafür müssen allerdings Ausnahmen beim Standard für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand landwirtschaftlicher Flächen zur Mindestbodenbedeckung (GLÖZ 6) beantragt und gewährt werden. Schwarzbrache ist aufgrund der EU-Vorgaben zum Erosionsschutz nämlich nicht in dieser Dauer erlaubt.

Neben dem Pflanzenschutz und der Fruchtfolge sind resistente Sorten der wichtigste Baustein im Kampf gegen die Krankheit. Aktuell gibt es diese noch nicht, doch die Züchtung arbeitet mit Hochdruck daran. Prinzipiell kann aber die Sortenwahl eine erste Gegenmaßnahme sein, da einige Sorten scheinbar eine höhere SBR-Toleranz aufweisen.

Politik hat Problem erkannt

Die Relevanz des Themas ist inzwischen in der Politik angekommen: Das Bundeslandwirtschaftsministerium hat dazu Anfang 2025 einen Runden Tisch initiiert. Allerdings braucht die Branche nun pragmatische Lösungen. Die Zeit für lange Diskussionen sei nicht vorhanden, mahnt der Deutsche Bauernverband: „Wenn wir jetzt nicht entschlossen handeln, gefährden wir nicht nur die Zuckerversorgung, sondern durch die Ausbreitung der Zikade auf Kartoffeln und vielen Gemüsekulturen auch die Grundversorgung der Bevölkerung mit heimischen Lebensmitteln.“

Titelbild: (c) Klaus Schrameyer

Zum nächsten Fakt

Was ist dran am Vorwurf Monokultur?

„Mich stören ja die vielen Monokulturen, die man heutzutage überall sieht“. Solche Sätze hören Landwirtinnen und Landwirte nicht selten. Allerdings wird Monokultur oft mit Reinkultur verwechselt. Und eine Monokultur gilt es im Sinne der „guten fachlichen Praxis“ sowie einer wohl überlegten und standortangepassten Fruchtfolgeplanung ohnehin zu vermeiden.

Was ist eigentlich mit dem Begriff Monokultur gemeint?

Mit Monokultur meinen Verbraucherinnen und Verbraucher oft besonders große Felder auf denen nur eine einzige Kulturart wächst. Landwirtinnen und Landwirte würden dabei eher von einer Reinkultur sprechen. Denn der Begriff Monokultur beschreibt den wiederholten Anbau der gleichen Pflanzenart auf derselben Fläche – und das über mehrere Jahre hintereinander. In einigen Kulturen wie dem Obst- oder Weinbau kommt es unweigerlich dazu, dass sich Bäume und Rebstöcke nicht einfach versetzen lassen. Bei mehr als fünfjähriger Bewirtschaftung spricht man dann von einer Dauerkultur. Im Ackerbau steht der mehrjährige Anbau einer Kultur jedoch im Kontrast zu dem, was Landwirtinnen und Landwirte bei der Anbauplanung berücksichtigen: Es wird nämlich im Gegenteil darauf geachtet, dass sich die Art der Frucht möglichst oft abwechselt und der Zeitraum, bis eine bestimmte Kultur wieder angebaut wird, möglichst groß ist. Das bezeichnet man als Fruchtfolgeplanung.

Schädlinge und Krankheiten machen es sich bequem

Dass Monokulturen im verantwortungsvollen Ackerbau vermieden werden, hat gute Gründe. Denn eine Monokultur bringt einige Nachteile mit sich. Wenn eine Pflanze jedes Jahr auf der gleichen Fläche wächst, dann finden Schädlinge nach dem Überwintern auch jedes Jahr die gleichen Wirte, auf die sie spezialisiert sind. Das gilt ebenfalls für Pilze, Viren oder Schadbakterien. Die Fruchtfolge ist in diesem Sinne praktizierter Pflanzenschutz. Damit die Fruchtfolge aber funktioniert, dürfen die Pflanzen nicht zu nah miteinander verwandt sein. Zum Beispiel wird die Kohlhernie von einem Schleimpilz ausgelöst, der sich nicht nur an der Rapswurzel wohlfühlt, sondern auch an der Wurzel des nahverwandten Senfs, vom Weißkohl oder dem Radieschen. Alle vier gehören nämlich zur Gattung der Kohlgewächse (Brassica). Ein weiterer bedeutender Nachteil von Monokulturen ist der Nährstoffverbrauch. Pflanzt man beispielsweise nacheinander immer wieder die gleiche Kulturart an, die viele Nährstoffe benötigt, dann wird der Boden über die Zeit ausgelaugt ­­– auf lange Sicht können die Erträge leiden und es wird ein großer Düngeaufwand notwendig. Außerdem haben es Schädlinge und Krankheiten bei ohnehin geschwächten Pflanzen leichter, sich zu verbreiten. Auch Unkräuter profitieren von ausgelaugten Böden und sorgen für zusätzlichen Arbeitsaufwand, der vermeidbar wäre.

Die Fruchtfolgeplanung sorgt für Abwechslung auf dem Acker

Um diese Nachteile zu vermeiden, kommt eine gut durchdachte und an den jeweiligen Standort angepasste Fruchtfolgeplanung ins Spiel. Eine typische Fruchtfolge zieht sich über vier bis sechs Jahre. Die Dauer der Fruchtfolge hängt dabei vor allem von der Mindestpause zwischen dem Wiederanbau der krankheits- und schädlingsanfälligsten Kultur ab. Beim Weizen muss zum Beispiel nur zwei bis drei Jahre gewartet werden, bis dieser erneut angebaut werden kann. Der Wiederanbau der Erbse kann hingegen schon mal bis zu zehn Jahre pausiert werden.

Die Fruchtfolge kann für positive Effekte auf die einander folgenden Pflanzen sorgen. Eine Leguminose wie der Klee oder die Erbse ist zum Beispiel in der Lage, Stickstoff im Boden einzulagern. Dieser dient dann der folgenden Kultur, wie etwa dem Weizen, als wichtiger Nährstoff. Auch wenn Fruchtfolgen mit mehr Planungsaufwand und einem größeren Einsatz unterschiedlicher Maschinen und Materialien verbunden sind, lohnen sie sich langfristig für die Landwirtschaft. Insbesondere hierzulande bewirtschaften Landwirtinnen und Landwirte ihre Flächen oft in langer Familientradition und achten daher sehr auf die Schonung ihrer Böden. Fruchtbare Flächen sind schließlich ein knappes Gut.

Zum nächsten Fakt

Zeigen, was auf dem Feld passiert: ein Erfahrungsbericht zur eigenen Pressearbeit

Die Lokalpresse berichtet gerne darüber, was in der Region passiert, z. B. in der Landwirtschaft. Deshalb sind Landwirtinnen und Landwirte mit ihrem Expertenwissen beliebte Kontakte. Das Gespräch mit der Presse ist aber auch umgekehrt eine gute Gelegenheit, ins Gespräch zu kommen und Einblicke in Arbeitsbereiche zu geben, über die in der Öffentlichkeit sonst nur wenig und einseitig berichtet wird. Dazu gehört auch das Thema Pflanzenschutz: Was zählt eigentlich alles zum Pflanzenschutz? Warum wird er angewandt? Zu welchen Zeitpunkten? Und was ist beispielsweise wichtig bei der Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln?

Viele Landwirtinnen und Landwirte aus dem „Schau ins Feld!“-Netzwerk konnten bereits positive Erfahrungen mit der Presse sammeln. Der Zeitpunkt, an dem die Nullparzelle angelegt wird, ist optimal, um die Presse zu kontaktieren. Jan Juister aus Hude, selbst Pflanzenbauberater und seit ein paar Jahren in Rente, stellte 2020 eine solche Kooperation mit dem Landwirt Ronald Bredendieck und der Nordwest-Zeitung auf die Beine. Während der gesamten Saison 2020 luden sie regelmäßig einen Lokalredakteur auf den Hof ein und vermittelten ihm unterschiedlichste Personen als Interviewpartner. Dazu haben wir bei Herrn Juister nachgehakt.

Welche Themen haben Sie dem Lokalredakteur angeboten?

Juister: Damit auf dem Feld etwas wächst und geerntet werden kann, passiert weit mehr als nur die Aussaat. Hier wollten wir am Beispiel Mais deutlich weiter ausholen und zeigen, welche Schritte für eine sichere, gesunde Ernte erforderlich sind. Los ging es bereits im Frühling, noch lange vor der Aussaat.

Über was genau wurde berichtet?

Juister: Durch die Entnahme von Bodenproben ließ mein Landwirtschaftskollege Herr Bredendieck zunächst prüfen, ob noch ausreichend Nährstoffe vorhanden sind. Hierfür zog er beim ersten Termin einen Agrartechniker hinzu, der an unterschiedlichen Stellen Bodenproben entnahm. Das zweite Mal haben wir den Journalisten eingeladen, um mit einem Mitarbeiter der Lufa Nord-West (Kontrolllabor im Bereich des ökologischen Anbaus) zu sprechen. Dieser erklärte, welche Maßnahmen aus den Ergebnissen der Bodenproben abgeleitet werden konnten. Bei einem dritten Termin habe ich als Experte für Pflanzenbauberatung die Bedeutung von Zwischenfrüchten aufgezeigt.

Die erste Düngung auf dem Feld konnte dank GPS passgenau ausgebracht werden. Erst im Zuge der zweiten Düngung fand dann die tatsächliche Aussaat statt. Als später erste Unkräuter zu sehen waren, kam die Pflanzenbauberatung wieder ins Spiel. Züchtung von Saatgut und wofür der Mais nach der Ernte verwendet wird, waren weitere, allgemeinere Themen.

Warum ist Pflanzenschutz beim Ackerbau so wichtig?

Juister: Für das Wachstum und die Erträge ist es wichtig, dass Kulturpflanzen vor Unkräutern, Krankheiten und Schädlingen geschützt werden. Der Einsatz von Pflanzenschutzmaßnahmen und Pflanzenschutzmitteln muss dabei immer auch verantwortungsvoll der Umwelt gegenüber sein. Schließlich ist die Natur die Grundlage für die Arbeit der Landwirtinnen und Landwirte.

Wie haben Sie das Thema Pflanzenschutz erklärt?

Juister: Um zu zeigen, wie sich der Verzicht auf Pflanzenschutz auswirkt, hatte Herr Bredendieck im Zuge der Mitmach-Aktion „Schau ins Feld!“ eine Nullparzelle auf seinem Feld angelegt, die wir dem Lokaljournalisten gezeigt haben und die auf großes Interesse stieß. In diesem Bereich verzichtete Herr Bredendieck auf jegliche Formen des Pflanzenschutzes. Der Verzicht hatte gravierende Auswirkungen auf das Wachstum der Pflanzen, z. B. da ihnen aufgrund von Unkräutern neben Wasser auch wichtige Nährstoffe fehlten. Später zeigte sich dies auch deutlich bei der Qualität und Quantität der Erträge.

Was ist Ihr Fazit zur Pressearbeit?

Juister: Ich hatte auch zuvor schon ab und zu mit der Presse gesprochen. Ich sehe es als eine tolle Möglichkeit, zu erklären, was in der Landwirtschaft passiert, da Verbraucherinnen und Verbraucher heutzutage kaum noch Kontakt zur Landwirtschaft haben. Mich haben nach den ersten Artikeln in der Nordwest-Zeitung viele Menschen aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis auf die Bericht-Serie angesprochen. Sie haben mir widergespiegelt, wie spannend sie es fanden, Hintergründe zum Thema moderne Landwirtschaft zu erfahren.

Zum nächsten Fakt

Biologische Schädlingsregulierung: Pflanzenschützer aus der Luft

Um den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel in Zukunft weiter zu reduzieren, wird viel Forschung zu innovativen Technologien betrieben. Aber auch der biologische Pflanzenschutz bringt viele Potenziale mit sich – insbesondere in der Schädlingsbekämpfung. Bestenfalls lassen sich dabei im wahrsten Sinne des Wortes „zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“ und biologische Schädlingsregulierung mit aktivem Artenschutz in Einklang bringen. Konkret geht es um die Ansiedlung von fliegenden Schädlingsbekämpfern, bei denen Insekten und Nagetiere auf dem Speiseplan stehen. Weltweit gibt es zahlreiche Positivbeispiele für den Mehrwert, den Vögel und Fledermäuse für die Landwirtschaft haben.

Raupen und Käfer auf dem Speiseplan

Viele heimische Vogelarten sind Allesfresser. Insbesondere im Sommer und der Brutzeit stehen vor allem Insekten wie Raupen oder Käfer auf dem Speiseplan – so zum Beispiel bei den Meisen. Gerne nisten sie in der Nähe von Obstbäumen und befreien diese ganz eigennützig von Schädlingen. Bei Versuchen auf Apfelplantagen zeigte sich, dass Meisen die Population von Apfelwicklern deutlich reduzieren können. Mit ausreichend Nistgelegenheiten für Kohlmeisen, gab es bis zu 50 Prozent weniger Raupenfraß – entsprechend größer und qualitativ besser waren die Erträge. In modernen Obstanlagen finden die Höhlenbrüter meist keine Nistmöglichkeiten. Doch es lassen sich recht einfach Nisthilfen anbringen. Diese sollten nach Möglichkeit aus natürlichen Materialien bestehen und Schutz vor potenziellen Nesträubern bieten.

Kohlmeisen können im Obstanbau wirksam zur Regulierung von Raupen beitragen.

Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung geflügelter Schädlingsbekämpfer liefern Untersuchungen auf mittel- und südamerikanischen Kaffeeplantagen. Dort leisten Vögel einen wertvollen Beitrag zur Bekämpfung des bedeutendsten Kaffee-Schädlings: dem Kaffeekirschenkäfer. Untersuchungen zeigten, dass Vögel den Käferbefall um die Hälfte reduzieren können. Dieser positive Effekt machte sich jedoch nur auf stark bewaldeten, weniger intensiv bewirtschafteten Plantagen bemerkbar – also dort, wo die Vögel einen natürlichen Lebensraum finden.

Auch Fledermäuse vertilgen schädigende Insekten

Nicht nur Vögel haben es auf Insekten abgesehen, auch Fledermäuse tragen zur natürlichen Regulierung von Schädlingspopulationen bei und lassen sich durch das Anbringen von Nistkästen gezielt fördern. Wissenschaftliche Untersuchungen in Nordamerika zeigen, dass die fliegenden Säugetiere einerseits bedeutende Mengen an Insekten fressen – zum Beispiel Baumwollkapselbohrer und Maiszünsler – und andererseits mit ihren Ultraschallschreien dafür sorgen, dass sich die Falter verstecken und sich weniger stark vermehren. Gleichzeitig wird die Verbreitung bedeutender Pilzkrankheiten verringert, die von den Raupen der Falter übertragen werden. Wissenschaftler nehmen an, dass Fledermäuse in Europa eine ähnliche Bedeutung beim Schutz von Mais, Raps und anderen Kulturen spielen dürften. Weltweit könne man den Nutzen dieser tierischen Helfer auf einen Gegenwert von rund einer Milliarde US-Dollar jährlich beziffern.

Nicht nur Vögel, auch Fledermäuse vertilgen große Mengen an Insekten. Mit Nistkästen kann man sie aktiv unterstützen.

Die Förderung von Greifvögeln

In einigen Jahren vermehren sich Wühlmauspopulationen rasant und sorgen für Ertragseinbußen, wenn sie die Wurzeln von Kulturpflanzen fressen. Ein Ärgernis für die Landwirtschaft – ein Festmahl für viele Greifvögel, wie Bussarde oder Eulen. Sie können einen Beitrag dazu leisten, die Nagetier-Populationen zu regulieren. Um Tagjägern wie Bussarden das Jagen zu erleichtern, lassen sich Ansitzstangen aufstellen. Von dort können sie ihre Beute erspähen und sparen so bei der Jagd viel Energie – insbesondere im Winter. Dabei sollte darauf geachtet werden, die Stangen nicht zu nah an Straßen zu errichten, um Kollisionen mit Autos zu vermeiden. Andere Greifvögel wie Turmfalken und Schleiereulen, die selbst keine Nester bauen, lassen sich durch das Einrichten von Nistkästen gezielt ansiedeln.

Mäusebussarde nutzen erhöhte Positionen wie Bäume oder Holzpfähle, um ihre Beute zu erspähen.

Einsatz von Falken in Weinbauregionen

Ein internationales Beispiel für den Erfolg einer gezielten Förderung von Greifvögeln ist das des bedrohten Maori-Falken. Er wurde in neuseeländischen Weinbauregionen angesiedelt, um Trauben fressende Vögel wie Amseln, Singdrosseln und Stare zu regulieren. Die Weinberge bieten dem Falken ein besonders hohes Nahrungsangebot, was sich positiv auf die Population auswirkt. So zeigen Untersuchungen, dass beispielsweise die Brutraten in den Weinbaugebieten höher sind als in anderen Regionen ohne landwirtschaftliche Bewirtschaftung. Die Falken reduzierten die Ertragseinbußen deutlich und sorgten jährlich für Einsparungen von 200 bis 300 US-Dollar pro Hektar.

Die Förderung von Vögeln und Fledermäusen bietet sowohl auf Seiten des Artenschutzes als auch bei der biologischen Schädlingsbekämpfung großes Potenzial. Wichtig ist vor allem, dass den Tieren Lebensräume und Rückzugsorte geboten werden. Dabei lässt sich schon mit kleinen Schritten und einfachen Maßnahmen häufig viel bewirken.

Zum nächsten Fakt