Anwendung von Pflanzenschutzmitteln: Sicherheit von Mensch und Umwelt geht vor

Schon bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln werden hohe Anforderungen an ihre Anwendungssicherheit und Umweltverträglichkeit gestellt. Dennoch können chemische Pflanzenschutzmittel bei falscher Handhabung Gesundheitsrisiken bergen. Daher ist eine sachgerechte Anwendung extrem wichtig. Entsprechend viel Wert wird auf eine gute Schulung von landwirtschaftlichem Personal gelegt: Wer Pflanzenschutzmittel anwendet, muss eine entsprechende Sachkunde nachweisen. Dazu gehören neben der sachgemäßen Anwendung auch Aspekte wie die sichere Lagerung, die Verwendung der richtigen Schutzkleidung und die vorschriftsmäßige Entsorgung von Verpackungen und Restmengen.

Strenge Richtlinien sorgen für Sicherheit

Pflanzenschutzmittel werden in der EU ähnlich streng reguliert wie Arzneimittel. Sie werden nicht nur auf ihre Wirksamkeit und Pflanzenverträglichkeit geprüft, sondern auch auf mögliche unerwünschte Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt. Nur Mittel, die den hohen Sicherheitsstandards entsprechen, werden zugelassen.

Pflanzenschutzwirkstoffe und -mittel werden vor der Zulassung von vier unabhängigen Bundesbehörden geprüft und bewertet.

Trotz strenger Vorgaben bei der Zulassung ist die richtige Anwendung entscheidend, um einerseits die erwünschte Wirkung zu erreichen und andererseits unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden. Pflanzenschutzmittel müssen in Deutschland nach „guter fachlicher Praxis“ angewendet werden. Diese umfasst klare Vorgaben für die korrekte Verwendung von Pflanzenschutzmitteln: von der Wahl des passenden Wirkstoffs über die richtige Dosierung bis zur Dokumentation der Maßnahmen. Um sicherzustellen, dass Landwirtinnen und Landwirte wirklich Expertinnen und Experten für die Anwendung sind, müssen sie ihr Wissen alle drei Jahre in anerkannten Fortbildungslehrgängen auffrischen und den erforderlichen Sachkundenachweis erlangen. Nur dann dürfen sie Pflanzenschutzmittel kaufen und anwenden. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) überprüft, ob die strengen Vorgaben eingehalten werden und nimmt regelmäßig Betriebe und Pflanzenschutzgeräte genauer unter die Lupe – Beanstandungen gibt es dabei kaum.

Beispielfragen aus der Prüfung zum Sachkundenachweis für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln

Bei Bodenherbiziden erfolgt die Wirkstoffaufnahme überwiegend über die Wurzel, z. T. auch über das Blatt. Welche Faktoren sind beim Einsatz dieser Präparate ausschlaggebend?*

a) Bodenfeuchtigkeit, Ton- und Humusgehalt des Bodens
b) Sonnenscheindauer
c) Temperatur zur Zeit der Anwendung

Für den Abstand der Düsen am Spritzgestänge von der Zielfläche (Boden oder Pflanzendach) wird eine bestimmte Höhe gefordert. Wo liegt diese bei den 110-Grad-Flachstrahldüsen?**

a) 100 cm
b) 50 cm
c) 30 cm

Der offizielle Sachkundenachweis: Garantie für die Kompetenz des Landwirts

Lösungen *a) **b)

Der Tank einer Pflanzenschutzspritze ist zu etwa 99,7% mit Wasser gefüllt.

Sorgfältige Vorbereitung der Anwendung

Zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln finden sich auf den Produkten umfassende Sicherheitshinweise der Hersteller. Vor der Anwendung der Mittel werden zunächst die erforderliche Schutzausrüstung und die genutzten Gerätschaften auf ihre Funktionstüchtigkeit und Kalibrierung überprüft. Bei der Vorbereitung und Anwendung der Mittel muss unbedingt auf zertifizierte Schutzkleidung, wie etwa Handschuhe, Schutzbrille, Stiefel oder Maske geachtet werden. Je nach Einsatz muss die Schutzausrüstung den Standards zum Umgang mit unverdünnten Produkten oder dem anwendungsfertigen Mittel entsprechen (Weitere Infos zur Persönlichen Schutzausrüstung im Pflanzenschutz).

Die eingesetzten Mittel sind in der Regel hoch konzentriert und werden im Tank der Spritzgeräte mit großen Mengen Wasser verdünnt. Was auf dem Feld ausgebracht wird, ist zu knapp 99,7 Prozent Wasser. Die erforderlichen Mengen der Pflanzenschutzmittel müssen dabei genauestens abgemessen werden, um die gewünschte Wirkung der Mittel zu erzielen, den Restmengenanteil so gering wie möglich zu halten sowie ihre Umweltverträglichkeit sicherzustellen.  Auf dem Weg vom Hof zum Feld muss weiterhin gewährleistet sein, dass alle Ventile und Düsen absolut dicht sind und keine Mittel ungewollt austreten können.

Sichere Anwendung auf dem Feld

Bei der Anwendung der Mittel auf dem Feld wird dafür gesorgt, dass sie möglichst zielgenau ausgebracht werden und damit nur dort landen, wo sie auch wirken sollen. Das spart einerseits teure Betriebsmittel und sorgt außerdem dafür, dass die Umwelt geschont wird. Technische Vorrichtungen an den Pflanzenschutzspritzen, wie driftreduzierende Düsen, sollen verhindern, dass die Mittel bei Wind verweht werden („Abdrift“). Zudem müssen Sicherheitsabstände zu benachbarten Wohnflächen und die gesetzlichen Vorgaben zum Schutz von Gewässern und Bienen eingehalten werden. Je nach Kategorie der Traktorkabine sollten Landwirte auch während der Ausbringung der Mittel weiterhin Schutzausrüstung tragen. Denn nicht alle Kabinen sind vollständig dicht und somit für den Anwender sicher.

Sicherheit auch nach der Anwendung 

Nach der Anwendung werden die eingesetzten Geräte und die getragene Schutzausrüstung gründlich gereinigt (Weitere Infos zur Reinigung von Spritz- und Sprühgeräten). Das Reinigungswasser darf anschließend nicht in die Kanalisation oder in Oberflächengewässer gelangen. Daher sollte eine Reinigung nie auf versiegelten Flächen erfolgen, sondern nur auf begrünten, biologisch aktiven Flächen, wo die Restmengen der Pflanzenschutzmittel in kurzer Zeit durch Mikroorganismen abgebaut werden. Dazu gibt es unterschiedliche Systeme mit sogenannten Biofiltern (Weitere Infos über Biologische Reinigungsverfahren). In Deutschland werden nur Mittel zugelassen, die sich innerhalb kürzester Zeit im Boden abbauen.

Leere Behälter oder Restmengen von Pflanzenschutzmitteln, die beispielsweise keine Zulassung mehr haben, müssen fachgerecht entsorgt werden. Hierfür haben die Hersteller der Produkte zentrale Rücknahmesysteme etabliert, die Landwirtinnen und Landwirte nutzen können. Unbrauchbare Mittel können über das PRE-System (Pflanzenschutzmittel Rücknahme und Entsorgung) meist zu festen Terminen an unterschiedlichen Sammelpunkten in ganz Deutschland zurückgegeben werden. Leere Behälter mit entsprechender Kennzeichnung nehmen die Hersteller über das PAMIRA-System (Packmittel Rücknahme Agrar) ebenfalls zu festen Terminen an deutschlandweiten Sammelstellen zurück.

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Biologischer Pflanzenschutz: Trichogrammakarten zum Schutz vor dem Maiszünsler

Der Maiszünsler legt zu Beginn des Julis seine Eier auf den Blättern der Maispflanze ab. Sobald die Larven schlüpfen, bohren sie sich von oben in den Maisstängel und fressen sich von hier aus nach unten durch. Da auch nach der Ernte oft Stoppeln der Maispflanze auf dem Feld stehenbleiben, können die Maiszünslerlarven so auf dem Feld überwintern. Ist der Stängel der Maispflanze erst einmal beschädigt, kann diese nicht mehr gut wachsen – im schlimmsten Fall sogar abknicken und zusammenbrechen. Die zu erwartenden Erträge fallen deutlich geringer aus. Auch Maisbeulenbrand kann die Folge sein, was wiederum zu einer Vermehrung von Fruchtfliegen auf dem Acker führt.

Wie können Landwirtinnen und Landwirte gegen den Maiszünsler vorgehen? Neben der Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel hat sich hier inzwischen auch eine effektive Maßnahme des biologischen Pflanzenschutzes durchgesetzt: die Trichogrammakarten (siehe auch Bausteinclip “Biologischer Pflanzenschutz”).

Wie funktionieren Trichogrammakarten?

Trichogrammakarten enthalten Larven von Schlupfwespen, die sich in unterschiedlichen Stadien befinden. Auf dem Feld ausgebracht, schlüpfen die Larven zu leicht versetzten Zeitpunkten und können so über einen längeren Zeitraum die Eier des Maiszünslers vernichten. Sobald die Schlupfwespen nicht mehr ausreichend Nahrung finden, sterben die Populationen wieder aus. Generell haben Schlupfwespen nur eine kurze Lebensdauer von ca. 10 Tagen.

„Ein guter Zeitpunkt zur Ausbringung der Trichogrammakarten auf dem Feld ist etwas früher als die Anwendung chemischen Pflanzenschutzes“, erklärt Landwirt Achim Deipenwisch. Er setzt die Karten bereits seit sechs Jahren ein. „Sobald der Zuflug der ersten Falter beginnt, bringen wir die Trichogrammakarten aus.“ Dies wird meist von Hand gemacht, pro Hektar sind ca. 30 Karten nötig. Alternativ gibt es auch Trichogrammakugeln, die mit einer GPS-gesteuerter Drohne ausgebracht werden.

Viele Faktoren entscheidend für den Erfolg der Maßnahme

„Bei der Entscheidung, wie die Landwirtin oder der Landwirt die Maispflanzen schützt, wägt er neben Umweltfaktoren auch Kosten und Nutzen ab“, erklärt Achim Deipenwisch. „Trichogrammakarten sind deutlich günstiger als chemische Pflanzenschutzmittel, ihre Anwendung ist aber gerade bei der manuellen Ausbringung aufwendiger. Trichogrammakarten haben zudem einen reduzierten Wirkungsgrad im Vergleich zu chemischen Pflanzenschutzmaßnahmen. Es kommt entscheidend darauf an, wie stark der Druck und die zu erwartenden Schäden durch den Maiszünsler sind. Dies ist regional sehr unterschiedlich.“ Während der Maiszünslerbestand mit chemischem Pflanzenschutz durchschnittlich um 80 Prozent verringert wird, sind es bei der biologischen Variante nur rund 60 Prozent.

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