Schutz für das königliche Gemüse: Wie Spargelbauern gegen Krankheiten, Schädlinge und Unkräuter kämpfen
Er gilt als „königliches Gemüse“: Noch bis Ende Juni ist Spargelsaison in Deutschland – und alle Fans der weißen oder grünen Stangen werden diese Zeit so gut wie möglich auskosten. Der Anbau und vor allem die Ernte der Stangen ist mit viel Aufwand und auch Geduld verbunden. Denn von der Aussaat bis zur ersten Ernte vergehen etwa zwei Jahre der Hege und Pflege. Wie jede andere Kulturpflanze muss dabei auch der Spargel vor Schädlingen, Krankheiten und Unkräutern geschützt werden. Wie Pflanzenschutz im Spargel aussieht, haben wir uns von zwei Experten erklären lassen.
Damit Spargel überhaupt wachsen und gedeihen kann, gibt es zunächst einige Anforderungen an den Boden als Grundlage des Anbaus. „Grundsätzlich sollte es sich um ein steinfreies Feld mit einem Grundwasserstand nicht höher als einem Meter handeln. Je leichter der Boden ist, desto besser lässt sich die Spargelkultur später steuern“, sagt Friederike Herberg, Beraterin für Spargelanbau bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. Für weißen Spargel sind sandige Böden die beste Wachstumsvoraussetzung. „Bei sandigen Böden erwärmt sich die Erde schneller, außerdem ist das Ernten dann leichter“, erklärt Simon Schumacher, Sprecher vom Verband Süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer (VSSE).
Spargel-Anbaufläche wird einmal pro Jahr behandelt
Unkräuter wie die Ackerwinde spielen vor allem bei Neupflanzungen von Spargel eine Rolle. Sie können das Wachstum der Pflanzen nachhaltig negativ beeinflussen. „Die Bekämpfung von Unkräutern zwischen den Spargel-Reihen lässt sich bei entsprechender Technik gut mechanisch durchführen, was bei vielen Betrieben bereits zur Routine gehört“, ergänzt Friederike Herberg. Schutz kann auch die Abdeckung mit Folie bieten. Wenn die Folie bei Saisonende heruntergenommen wird, kommt auf den Spargeldämmen dann in der Regel ein Herbizid zum Einsatz. „Eine Besonderheit beim Spargel ist, dass die Anbaufläche nur nach der Ernte behandelt wird. Dann haben die Pflanzen und Böden ein Jahr lang Zeit, um eventuelle Rückstände abzubauen. Deswegen ist Spargel das am wenigsten mit Pflanzenschutzmittel-Rückständen belastete Gemüse“, sagt VSSE-Sprecher Simon Schumacher.
Luftige Standorte können Pilzbefall im Spargel vorbeugen
Krankheiten sind im Spargelanbau vor allem in Form von Pilzbefall zu beobachten. Am weitesten verbreitet ist der Spargelrost. Bei starkem Befall werden die Pflanzen so sehr geschwächt, dass Ertragseinbußen um bis zu 30 Prozent drohen. Vorbeugen können Anbauer durch die Wahl des richtigen Standorts: Die Spargelpflanzen sollten nicht zu eng und an luftigen, windigen Standorten stehen. Denn Nässe durch schlechte Belüftung fördert die Entwicklung des Pilzes. Wenn der Spargelrost eine Kultur befallen hat und seiner Ausbreitung mit anderen Maßnahmen nicht mehr beizukommen ist, können Fungizide, also Pflanzenschutzmittel gegen Pilzkrankheiten, Abhilfe schaffen. Diese werden stets – wie in allen anderen landwirtschaftlichen Kulturen auch – nach dem Grundsatz: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ eingesetzt.
Schädlinge können Spargelanbauern ebenfalls große Probleme bereiten. Hier ist die Spargelfliege das Schadinsekt mit dem größten Gefahrenpotenzial, sagt Spargelanbau-Beraterin Friederike Herberg von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. „Die Spargelfliege kriecht als Made in die Spargelpflanze hinein und frisst sich in den Spargelkopf. Ein starker Befall kann zu Totalausfällen führen“, erklärt Simon Schumacher. Das Problem: Im Larvenstadium, wenn das Insekt im Inneren der Pflanze steckt, ist die Spargelfliege für den Anbauer unsichtbar. Sobald sie sich zur Fliege weiterentwickelt hat, ist sie sehr mobil und ebenfalls schwer zu bekämpfen. „Ohne Pflanzenschutzmittel hätten wir hier ein riesiges Problem“, sagt der VSSE-Sprecher. Nur teilweise könnten gegen Schädlinge wie das Spargelhähnchen auch natürliche Gegenspieler wie die Schlupfwespe als Form des biologischen Pflanzenschutzes eingesetzt werden.
Bisher waren Dimethoat-haltige Präparate zur Bekämpfung von Schädlingen im Spargel zugelassen und wurden auch eingesetzt. Der Wirkstoff Dimethoat wird derzeit in der EU neu bewertet. Ob er neu gelistet wird, ist nicht sicher. „Mit dem Wegfall des Wirkstoffs stünden keine chemischen Bekämpfungsmöglichkeiten mehr zur Verfügung. Mit dieser Aussicht ist es umso wichtiger, den Anbauern Antworten zu geben, wie eine Bekämpfung zukünftig möglich ist“, sagt Friederike Herberg. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen arbeitet aktuell an einem Projekt mit dem Julius-Kühn-Institut, um Grundlagen zum Flugverhalten und zur Biologie der Spargelfliege zu erforschen. „Ziel des Projektes ist es, Empfehlungen geben zu können, wie sich ein Befall bereits durch anbautechnische Maßnahmen vermindern oder sogar vermeiden lässt“, erklärt die Spargelanbau-Beraterin.
Abdeckung mit Folie erfüllt mehrere Zwecke
Einen effektiven Schutz vor Schädlingen wie der Spargelfliege oder dem Spargelkäfer, aber auch vor Krankheiten bietet die Abdeckung mit Folie. Sie erfüllt gleich mehrere Zwecke: Sie hält Regen und Nässe ab, was der Entwicklung von Pilzkrankheiten vorbeugt, dient als Schutzschicht vor eindringenden Schadinsekten und ermöglicht die zeitliche Planung des Ernteverlaufs per Temperaturregulierung. Bei geringer Sonneneinstrahlung wird die schwarze Seite nach oben gelegt, sodass die Wärme gespeichert wird. Durch die hohen Temperaturen wächst der Spargel schneller und wird dadurch zarter. Ist die weiße Seite oben, soll zu starke Sonneneinstrahlung und die damit verbundene Erwärmung der Dämme durch Reflektion verhindert werden. Dadurch lassen sich die Erträge in Hitzeperioden senken. „Dank der Folie muss außerdem nur einmal täglich geerntet werden. Denn sobald die Stangen aus dem Boden gucken, beginnt die Fotosynthese und die Spitzen verfärben sich grün oder violett. Durch die Folie bleibt es dunkel und der Erntezeitpunkt kann gesteuert werden“, erklärt Simon Schumacher vom VSSE. 99 Prozent der Spargelanbauer im Süden Deutschlands nutzen ihm zufolge mindestens die Schwarz-Weiß-Folie. Rund 30 Prozent setzen zusätzlich eine durchsichtige Verfrühungs- oder Minitunnelfolie ein. „Das sorgt für optimale Temperaturregulierung. Zwischen der transparenten und der schwarzen Folienschicht herrschen ca. 50 Grad Lufttemperatur. Im Spargeldamm ist es 21 Grad warm. Die Spargelstange wächst dann rund sieben Zentimeter pro Tag. Bei so schnellem Wachstum wird sie nicht holzig.“
Zum Abschluss stellt sich die Frage: Wäre es ohne Pflanzenschutz denkbar, die Nachfrage nach heimischem Spargel in Deutschland zu bedienen? „Pflanzenschutz umfasst nicht nur chemische Maßnahmen, sondern ist ein Gesamtpaket. Ohne chemische Pflanzenschutzmittel müsste die Anbaumethodik extensiviert werden: größere Reihenabstände, weniger Pflanzen in den Reihen, wahrscheinlich wäre bei der Unkrautbekämpfung auch mehr Handarbeit notwendig. Es wäre sehr wahrscheinlich schwierig, die heimische Nachfrage zu bedienen“, sagt Friederike Herberg von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen. „In dem Maße, wie aktuell in Deutschland Spargel produziert wird – nämlich mit einem Selbstversorgungsgrad von 86 Prozent – würde es nur im Bio-Anbau nicht funktionieren“, sagt Simon Schumacher vom VSSE.