Zuckerrübe in Gefahr

Die Zuckerrübe ist in Europa die bedeutendste und am weitesten verbreitete Zuckerpflanze. In Deutschland werden rund 390.000 Hektar von ihr angebaut – und das vor allem zur Produktion von Haushaltszucker. Bei der Verarbeitung der Zuckerrübe entsteht aber nicht ausschließlich Zucker. Es fallen auch einige Nebenprodukte an, die zum Beispiel in Form von sogenannten Trockenschnitzeln oder Melasseschnitzeln als Futtermittel für Tiere genutzt werden. Auch als nachwachsender Rohstoff, zum Beispiel für die Herstellung von Biogas oder Bioethanol, eignet sich die Zuckerrübe hervorragend.

Der Anbau von Zuckerrüben stellt vergleichsweise hohe Ansprüche an die Beschaffenheit und Bearbeitung des Bodens sowie an das Düngemanagement der Landwirte. Für den Anbau der Rüben eignen sich vor allem Lehm- und Lössböden. Eine mehrjährige Fruchtfolge ist erforderlich.

Zuckerrüben werden von einigen Schädlingen und Krankheiten bedroht. Schädlinge in Mitteleuropa sind häufig die Rübennematode, die Rübenmotte, das Rübenkopfälchen oder die Rübenfliege. Krankheiten, von denen Zuckerrüben befallen werden, sind unter anderem Rübenrost, Gürtelschorf, die Cercospora-Blattfleckenkrankheit oder die späte Rübenfäule.

In Deutschland bauen noch rund 25.000 landwirtschaftliche Betriebe Zuckerrüben an. Diese Anzahl schrumpfte innerhalb des vergangenen Jahrzehnts um mehr als 20 Prozent, da der Zuckerrübenanbau für deutsche Landwirte immer mehr an Attraktivität verliert. Dafür gibt es verschiedene Gründe:

  • Sehr niedrige Zuckerpreise: Seitdem die Zuckerquote weggefallen ist, steigt das Angebot an Zuckerrüben. Infolgedessen sinkt der Preis.
  • Wettbewerbsverzerrungen auf dem EU- und Weltmarkt: Eine Reihe von EU-Staaten subventioniert den Rübenanbau in Form von gekoppelten Zahlungen. Dies führt zu erheblichen Vorteilen für Zuckerproduzenten aus diesen Ländern. Hinzu kommt Druck vom Weltmarkt: Viele Länder können Zucker zollfrei in die EU einführen. Infolgedessen sinkt der Weltmarktpreis.
  • Immer schlechtere Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln: Die deutschen Zuckerproduzenten haben nicht nur mit Preisdruck zu kämpfen, sondern vor allem mit einer immer schlechteren Verfügbarkeit verschiedener Pflanzenschutzmittel. Normalerweise müssen für eine wirksame Bekämpfung von Schädlingen, Unkräutern und Pilzkrankheiten jeweils mindestens drei verschiedene Wirkmechanismen zur Verfügung stehen. Nur so können die Pflanzenschutzmittel ausreichend variiert und Resistenzen vermieden werden. Bei den Insektiziden sind zukünftig zwar noch fünf Pflanzenschutzmittel zugelassen, allerdings haben vier davon denselben Wirkmechanismus. Für die insektizide Saatgutbehandlung ist nur noch ein Wirkstoff zugelassen. Hart getroffen wurde der deutsche Zuckerrübenanbau zum Beispiel durch das 2018 erlassene Verbot von neonicotinoiden Wirkstoffen, da Ersatzstoffe weniger wirksam, teurer und nur flächendeckend eingesetzt werden können und zum Teil bereits Resistenzen aufweisen. In Deutschland wurden in diesem Zusammenhang auch keine Notfallzulassungen genehmigt – anders als in zahlreichen anderen europäischen Ländern. Bei den fungiziden Mitteln sind noch sechs Wirkstoffe zugelassen, die aber nur drei Wirkstoffmechanismen haben. Zudem sind zwei dieser Mittel biologisch und weisen eine geringere Wirksamkeit auf. Für Herbizide sieht es im Moment etwas positiver aus: Noch 16 Wirkstoffe mit sieben verschiedenen Wirkmechanismen stehen zur Verfügung. Doch auch hier fallen dieses Jahr zwei weitere wichtige Wirkstoffe weg.

Für deutsche Zuckerrübenproduzenten stellt sich daher die Frage, ob sie weiterhin im europäischen und internationalen Umfeld bestehen können. Der Verlust der Zuckerrübe hätte sowohl für Landwirte als auch für meist getreidelastige Fruchtfolgen negative Konsequenzen.

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