Praxisberichte: Biostimulanzien in der Anwendung

Biostimulanzien sind Naturstoffe, die pflanzliche Ernährungsprozesse stimulieren. Landwirtinnen und Landwirte versprechen sich hierdurch eine verbesserte Nährstoffaufnahme und -verwertung in den Kulturpflanzen. Biostimulanzien sollen etwa das Wurzelsystem verbessern und gleichzeitig die Stresstoleranz gegenüber abiotischen Umweltfaktoren wie Trockenheit, Hitze oder Frost steigern (siehe auch Newsbeitrag Biostimulanzien).

In der Landwirtschaft gewinnen Biostimulanzien unterschiedlichster Art immer mehr an Relevanz. Wir haben mit drei Landwirten aus dem Pflanzenschützer-Netzwerk gesprochen und nachgefragt, welche Erfahrungen sie bisher mit Biostimulanzien sammeln konnten. Welche Biostimulanzien wurden getestet? Wie werden sie angewandt? Und was können die Stoffe in der Praxis leisten?

Seit rund drei Jahren setzt Matthias Albers aus Rheine (Nordrhein-Westfalen) auf dem elterlichen Hof Biostimulanzien ein. Er hat bislang gute Erfahrungen damit gemacht. „Ich nutze die Biostimulanzien überwiegend in Nährstoffbeizen, sowohl bei Mais als bei Getreide“. Mit der Beize werden die Nährstoffe und Biostimulanzien auf das Saatgut aufgebracht, wo sie unmittelbar am Keimling wirken können. „Die Biostimulanzien, die ich anwende, sind sich dabei alle relativ ähnlich. Sie basieren auf Pflanzenextrakten und/oder einem lebenden Bakterium“, so der Junglandwirt. Er ist überzeugt, dass Nährstoffbeizen kombiniert mit Biostimulanzien schon bald zum Standard in der Landwirtschaft gehören. „Besonders bei der Jugendentwicklung der Maispflanzen zeigen sich positive Ergebnisse; aber auch im Wurzelwachstum – vor allem bei der Feinwurzel.“

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Auch Phillip Krainbring aus Wanzleben-Börde (Sachsen-Anhalt) setzt schon länger Biostimulanzien bei sich auf dem Hof ein. Er fing bereits 2017 damit an, unterschiedliche Möglichkeiten zu testen. Seine Motivation zog er daraus, Alternativen zu chemischer Saatgutbehandlung zu finden. Er will auf politische Vorgaben gut vorbereitet sein, anstatt irgendwann adhoc reagieren zu müssen. „Im ersten Schritt habe ich es mit einer Elektronen-Saatgut-Behandlung ausprobiert. Danach habe ich es auch mit Beizen versucht. Mikroorganismen waren dabei, aber auch Algenextrakte. Hauptsächlich habe ich Biostimulanzien im Mais und Weizen eingesetzt; teilweise und in deutlich kleinerem Umfang auch im Raps und bei Zuckerrüben.“ Phillip Krainbring konnte dabei zwar bisher keine gravierenden Unterschiede bei der Ertragsmenge feststellen. Er ist sich aber sicher, dass er durch Biostimulanzien ein verbessertes Wurzelwachstum sehen kann und seine Kulturpflanzen dank Biostimulanzien robuster sind.

Dirk Klaßen aus Jüchen (Nordrhein-Westfalen) sieht in Biostimulanzien die Möglichkeit, seine Kulturpflanzen resistenter gegen Stressfaktoren zu machen. Langfristig verspricht er sich hierdurch auch eine Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln. Dirk Klaßen nutzt bereits seit über fünf Jahren Algenprodukte im Zuckerrübenanbau. Dort hat er auch schon Mikroorganismen, Gesteinsmehle und Bakterienprodukte ausprobiert. Einerseits möchte er mit Hilfe von Biostimulanzien Synergien mit chemischen Pflanzenschutzmitteln schaffen und speziell die Wirkung von Fungiziden verbessern, andererseits versucht er damit Insektizide einzusparen.

Durch die guten Erfahrungen, die Matthias Albers mit Biostimulanzien machen konnte, steht der weitere Einsatz für ihn außer Frage. „Biostimulanzien sind eine tolle Möglichkeit, Nährstoffe optimal zu nutzen. Durch vitalere Pflanzen werden wir langfristig Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft einsparen können“, ist er überzeugt. Gleichzeitig blickt er gespannt auf zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich: „Wenn neue Produkte auf dem Markt sind, bin ich immer bereit, diese zu testen. Ich denke, jede Landwirtin und jeder Landwirt sollte bei Biostimulanzien eigene Erfahrungen sammeln!“

Phillip Krainbring ergänzt, dass man als Landwirtin und Landwirt generell nicht „stehenbleiben“ sollte: „Es ist wichtig, sich immer weiterzuentwickeln, unbefangen Neues auszuprobieren und selbst zu schauen, was für einen funktioniert.“ Er achte darauf „neue Methoden nicht immer gleich komplett anzuwenden, sondern Vergleichsflächen mit und ohne die Maßnahme zu haben, um gute Aussagen über den Erfolg treffen zu können.“

Für Dirk Klaßen ist es entscheidend, sich bei seinen Versuchen mit Biostimulanzien und anderen Naturprodukten nicht zu schnell entmutigen zu lassen. Obwohl er zum Beispiel bei der Wirkung von Rottelenkern (Substanzen, die die Verrottungsprozesse beschleunigen) bisher keine großen Erfolge sehen konnte, will er das Thema noch nicht aufgeben. Außerdem plant er, demnächst Komposttees auszuprobieren. Diese stellen Kulturpflanzen Mikroorganismen in sehr hoher Menge zur Verfügung.

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