Drohne gegen Schädlinge: High-Tech-Pflanzenschutz aus der Luft

Die Larven des Maiszünslers sind für Maiskulturen zunehmend eine Bedrohung. Befallen die Schädlinge ein Feld, müssen Landwirte mit erheblichen Ernteeinbußen rechnen. Doch GPS-gesteuerte Drohnen nehmen jetzt punktgenau den Kampf gegen die Schädlinge auf.

Der Anblick ist ungewöhnlich für diese Gegend mit ihren Weiden, Wiesen und Feldern im nordrhein-westfälischen Münsterland – und so mancher Passant, Rad- oder Autofahrer muss zweimal hinschauen: Über einem Maisfeld schwebt, ferngesteuert, eine Drohne. Angetrieben von vier Propellern fliegt das Gerät über die Maispflanzen hinweg und lässt in regelmäßigen Abständen immer wieder kleine weiße Kugeln fallen. Aus den winzigen Behältern, die biologisch abbaubar sind, soll in wenigen Tagen ein effektiver Schutz vor schädlichen Larven krabbeln: Schlupfwespen (Trichogramma), die natürlichen Feinde des Maiszünslers.

Zünslerlarven können im Maisanbau immensen Schaden verursachen. Die Schädlinge fressen sich, nachdem sie geschlüpft sind, den Maisstängel hinunter, der in der Folge abknickt. Teilweise bohren sie sogar die Kolben an. In der Folge werden betroffene Pflanzen anfällig für Pilzkrankheiten, zum Beispiel Fusarium. Für den Landwirt stehen unter dem Strich erhebliche Ertrags- und Qualitätseinbußen. Kein Wunder, dass effiziente Schutzmaßnahmen gefragt sind. Besonders bewährt hat sich der Einsatz von Schlupfwespen, es handelt sich hierbei um eine biologische Form des Pflanzenschutzes: Nützlinge, also natürliche Fressfeinde aus dem Tierreich, bieten den Schädlingen Paroli. Die Ausbringung per Drohne spart zudem Zeit und ist hoch effizient – die Alternative ist das Verteilen per Hand im gesamten Feld.

Drohnenpilot führt Befliegung durch

„Das Interesse an unserer biologischen Zünslerbekämpfung mithilfe von Drohnen war 2018 sehr groß, da die Schäden durch den Maiszünsler im Vorjahr sehr ausgeprägt waren“, erklärt Reinhold Wintergalen. Er ist Pflanzenbauberater bei der Agravis Raiffeisen AG, die den Landwirten im Münsterland den Drohneneinsatz anbietet. Durchgeführt wird die Befliegung dann von einem Drohnenpiloten, der, vergleichbar mit einem Lohnunternehmer, die Schlupfwespen per Drohne ausbringt. Ähnliche Angebote gibt es auch in den anderen Bundesländern immer häufiger: Im Südwesten bietet beispielsweise die ZG Raiffeisen mit Sitz in Karlsruhe das Ausbringen von Trichogramma aus der Luft als Service. Auch die BayWa AG organisiert den Drohneneinsatz über ihre Tochter FarmFacts.

Die Kapseln mit den Schlupfwespen werden in den Multikopter gefüllt.
Foto: Agravis

Andreas Willenbrink steuert die Drohne vom Boden aus per Fernbedienung über das Feld. Verfliegen kann sich der Drohnenpilot nicht – die Digitalisierung macht es möglich: Der Acker im Kreis Warendorf ist mithilfe von GPS-Daten auf den Meter genau vermessen worden. Mit den entsprechenden Koordinaten programmiert, kann der Quadrocopter die Kugeln mit den darin enthaltenen Schlupfwespen punktgenau zwischen den Maispflanzen platzieren. Pro Hektar fallen 100 Kugeln auf den Boden. „Nach zwei bis drei Tagen schlüpfen daraus die Schlupfwespen“, erklärt Pflanzenbauberater Reinhold Wintergalen. Danach suchen die Tiere Gelege des Maiszünslers auf und legen dort wiederum ihre Eier hinein. „So können die Maiszünsler gar nicht erst schlüpfen.“ Seit Jahren hat sich diese präventive Methodik bewährt.

Falterflug wird genau beobachtet

Einen festen Zeitpunkt für den Drohneneinsatz gibt es übrigens nicht. „Die Maßnahme geschieht ganz unabhängig vom Wachstum der Maispflanzen“, betont Reinhold Wintergalen. Vielmehr hänge sie von den Bodentemperaturen ab: Erst wenn der Boden im Frühjahr warm genug ist, beginnt die Entwicklung der Larven zu Faltern, und diese fliegen dann erneut in die Maisfelder in der Umgebung. Aus diesem Grund gibt es ein entsprechendes Monitoring, auch mit Licht- und Pheromonfallen. Nur so lässt sich feststellen, wann die Maiszünsler-Falter losfliegen, um ihre Eier im Maisfeld zu platzieren: der Startschuss für einen effizienten Drohnen-Einsatz. Die mögliche Einsatzzeit ist dann begrenzt. „Das Zeitfenster beträgt drei bis vier Tage“, erklärt der Pflanzenbauberater. Der Flugverlauf und die Ausbreitung des Schädlings kann inzwischen auch online verfolgt werden, zum Beispiel über das Maiszünsler-Monitoring unter www.zuenslerprogno.de.

Per Multikopter werden die Trichogramma-Kugeln ausgebracht.
Foto: ZG Raiffeisen

Die Motoren des Quadrocopters stehen jetzt still. 80 Hektar hat Drohnenpilot Andreas Willenbrink an diesem Tag beflogen – im ganzen Kreis Warendorf im Münsterland waren es 2018 insgesamt 300 Hektar Maisfläche. Sobald die Schlupfwespen, die mit der Drohne verteilt wurden, aus den weißen Kügelchen krabbeln, entfalten sie ihre schützende Wirkung. Die bisherigen Ergebnisse dieser Methode haben bereits viele Landwirte überzeugt: Es spart Zeit und Arbeit und hält rund zwei Drittel der potenziellen Schädlinge vom Mais ab. Möglich macht das der Hightech-Pflanzenschutz aus der Luft.

Wie die Trichogramma-Ausbringung per Drohne in der Praxis aussieht, zeigt das Deutsche Maiskomitee in diesem Video.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Zum nächsten Fakt