Gelangen durch Starkregen mehr Pflanzenschutzmittel in unsere Gewässer?

Heftige Starkregenereignisse werden aufgrund des Klimawandels auch in Deutschland häufiger vorkommen – da ist sich die Wissenschaft sicher. Doch welche Auswirkungen hat das für den landwirtschaftlichen Gewässerschutz? Werden durch starke Regenfälle chemische Pflanzenschutzmittel von den Feldern in angrenzende Gewässer gespült?

Wenn in der Landwirtschaft bestimmte Schadschwellen (= Vorkommen von Schaderregern, Krankheiten oder Unkräutern, das wirtschaftlich gerade noch geduldet werden kann) überschritten werden, kommen in der Regel Pflanzenschutzmittel zum Einsatz. Dabei müssen zahlreiche Aspekte beachtet werden. Der Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln folgt dabei den Grundsätzen des Integrierten Pflanzenschutzes: er wird nur eingesetzt, wenn alle vorbeugenden und nichtchemischen Verfahren erschöpft sind. Dabei soll er auf das notwendige Maß begrenzt werden, nach dem Motto „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Teil der „Guten fachlichen Praxis“ ist es, Wirkstoffe nur sehr gezielt und so fein dosiert wie möglich auszubringen. Außerdem muss die sogenannte „Abdrift“ – die Verwehung des Sprühnebels aus der Pflanzenschutzspritze durch den Wind – bestmöglich verhindert werden, zum Beispiel durch technische Maßnahmen.

Landwirtinnen und Landwirte unterlassen zudem, Pflanzenschutzmittel kurz vor Regenfällen auszubringen. Denn dann bestünde durchaus die Möglichkeit des Abspülens der Mittel in Gewässer. Das würde aber auch ihre Wirkung verhindern – allein aus ökonomischer Sicht also eine Verschwendung von Ressourcen und Geld. Die Behandlung mit einem Herbizid kostet für einen Hektar Wintergerste um die 20 Euro, für einen Hektar Zuckerrüben sogar bis zu 500 Euro. Aus ökologischer Sicht sind Einträge in Gewässer ohnehin zu vermeiden, auch um mögliche Beeinträchtigungen von Pflanzen, Insekten und anderer Tiere zu verhindern.

Abstände und bewachsene Randstreifen an Gewässern vermindern Risiken

Da sich Regenfälle nicht hundertprozentig vorhersagen lassen, gibt es klare Regularien, um zu vermeiden, dass Pflanzenschutzmittel in nahegelegene Gewässer gelangen. Rund 20 Prozent der Gewässerufer grenzen in Deutschland an landwirtschaftliche Flächen. Sogenannte Gewässerrandstreifen dienen als Pufferzonen zwischen Ackerflächen und Oberflächengewässern und sollen den Eintrag von Pflanzenschutz- und Düngemitteln vermeiden – sie sind in Deutschland Pflicht. Wie wirksam diese sind, hängt immer auch von der Intensität der Regenfälle und der Neigung der Ackerflächen ab. Für Hanglagen müssen entsprechend bewachsene Randstreifen mit bis zu 20 Metern Breite angelegt werden. Unbearbeitete Ackerrandstreifen können als Lebensraum für Wildpflanzen und Insekten gleichzeitig einen Beitrag zur Artenvielfalt leisten.

Gewässerrandstreifen dienen als Pufferzonen zwischen Ackerflächen und Gewässern.

Pflanzenschutzmittel bauen sich ab

Nach Starkregenfällen kann es zu Abschwemmungen von Bodenteilchen aus dem Feld kommen (Erosion), an denen Pflanzenschutzmittel haften. Auch direkter Abfluss mit der wässrigen Phase ist möglich. Bei Zunahme von Starkregenereignissen kann zwar mehr Wirkstoff abgeschwemmt werden, zugleich ist aber auch die Verdünnung höher. Somit lassen sich Einträge von Spuren von Pflanzenschutzmitteln in angrenzende Gewässer nicht immer vollständig verhindern, auch nicht bei sach- und fachgerechter Anwendung sowie der Anlage von Randstreifen. Moderne Messmethoden können dabei bereits kleinste Stoffmengen nachweisen. Die Situation hat sich in den letzten Jahren aber deutlich verbessert. Dazu tragen auch verschiedene Kooperationen zwischen Wasser- und Landwirtschaft bei. Auch ist nicht jeder Fund gleich ein Besorgnisgrund, wenn die gemessenen Konzentrationen deutlich unter den Wirksamkeitsschwellen liegen.

Pflanzenschutzmittel erhalten nur dann eine Zulassung, wenn sie zügig abgebaut werden und sich nicht im Boden anreichern. Moderne synthetisch-chemische Pflanzenschutzmittel werden vor allem im Boden mikrobiell abgebaut, einige Wirkstoffe aber auch durch Lichteinstrahlung oder Hydrolyse im Wasser. Um Pflanzen- und Umweltschutz nachhaltig in Einklang zu bringen, steht bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe und verbesserter Ausbringungstechnologien die Umweltverträglichkeit an erster Stelle.

Zum nächsten Fakt