Frost im Winter: Schadet Kälte der Landwirtschaft?

Für die Landwirtschaft ergeben sich einige Vorteile durch einen kalten Winter. Die Frostgare verbessert die Wachstumsbedingungen für Kulturpflanzen auf dem Feld. Einige bodenbürtige Pflanzenkrankheiten und Schädlinge wie Blattläuse werden von Temperaturen unter dem Gefrierpunkt in Schach gehalten. Aber es gibt auch Risiken für die Landwirtschaft. Frostschutz spielt nämlich auch im Pflanzenschutz eine Rolle.

Pflanzen sind an kalte Winter angepasst

Frost bringt gleich mehrere Schwierigkeiten für Pflanzen mit sich. Gefriert das Wasser im Boden, kann die Pflanze es nicht mehr aufnehmen. Gefriert das Wasser in der Pflanze, dann kann die Wasserzufuhr blockiert werden. Beides führt dazu, dass sie vertrocknet. Noch gravierender wäre es, wenn das Wasser in den Zellen gefrieren würde. Es würde sich ausdehnen und die Zellen damit zerstören.

Doch Pflanzen sind perfekt an ihren Lebensraum angepasst und auf kalte Temperaturen vorbereitet. Zwar sterben einjährige Pflanzen und nur ihre Samen überstehen den Winter. Doch viele andere Pflanzen haben unterschiedliche Strategien entwickelt, um mit Kälte umzugehen. Im Wesentlichen fahren sie ihre Prozesse zurück und lagern Nährstoffe für das Frühjahr ein.

Obstbäume zum Beispiel ziehen, wie alle Laubbäume, Nährstoffe aus ihren Blättern und lagern diese in Form von angedicktem Pflanzensaft in Stamm und Wurzeln ein. Der Saft enthält soviel Zucker, dass er nicht gefrieren kann – ein natürliches Frostschutzmittel. Der Verlust der Blätter ist zudem ein Schutz vor dem Austrocknen. An sonnigen Wintertagen würde sonst zu viel Wasser über die Blätter verdunsten. Dieses verlorene Wasser könnten die Bäume aus dem möglicherweise gefrorenen Boden nicht mehr aufnehmen.

Plötzlicher Frost ist eine Gefahr

Frost kann für Pflanzen gefährlich werden, vor allem dann, wenn er plötzlich auftritt. Denn Pflanzen brauchen Zeit, um sich auf Kälte einzustellen. Besonders gefährlich sind Spätfröste im Frühjahr für Obstbäume und Weinreben. In diesem Jahr kam es noch im April zu starken Frösten, nachdem es im März schon sehr warm war. Wenn Obstbäume nach den ersten warmen Frühlingswochen schon austreiben und Blüten bilden, kann plötzlicher Frost die ganze Ernte vernichten. Er lässt nicht nur die Blüten, sondern auch das Wasser im bereits wieder verdünnten Pflanzensaft in den Zellen einfrieren. Diese werden zerstört und in den Bäumen entstehen Risse.

Frostschutz als Pflanzenschutz: Wärme, Eis und Schnee

Doch was können Landwirte tun, um Ihre Pflanzen zu schützen? Zum Beispiel kommen sogenannte Frostschutzkerzen oder Gasbrenner zum Einsatz. Sie spenden Wärme und werden zwischen den Pflanzen verteilt. Auf großen Anbauflächen, zum Beispiel im Weinbau, können auch Hubschrauber zum Einsatz kommen: Mit ihren Rotoren wirbeln sie kalte und warme Luftschichten durcheinander und sorgen dafür, dass die jungen Triebe vor Frost geschützt werden. Andere Kulturen können mit Flies abgedeckt werden, um sie vor kalten Temperaturen zu schützen. Ähnlich wirkt auch ein ganz natürlicher Frostschutz: nämlich Schnee. Eine Schneedecke ist wie ein Luftpolster, das die Pflanzen unter sich vor Frost schützt.

Doch eines der wirksamsten Mittel zum Frostschutz ist ausgerechnet das Gefrieren selbst. Das klingt erstmal paradox, ist aber sehr effektiv, wenn die nötige Ausstattung vorhanden ist. Bei der sogenannten Frostschutzberegnung werden vor allem Obstbäume von oben mit Wasser bestäubt. Wenn das Wasser dann an den Pflanzenteilen gefriert und seinen Aggregatzustand von flüssig zu fest ändert, wird Energie freigesetzt: die sogenannte Erstarrungswärme. Sie führt dazu, dass die Pflanzen bei Temperaturen nahe Null gehalten werden können, so lange die Beregnung beibehalten wird. Die Beregnung hat noch einen weiteren Effekt: Der feuchtgewordene Boden kann tagsüber mehr Wärme aufnehmen, speichern und diese nachts wieder an die Luft abgeben.

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Winterkälte: ein Segen für die Landwirtschaft?

In den letzten Jahren waren die Winter meistens milder als in früheren Jahren. Trotzdem kam es immer wieder zu plötzlichen Kälteeinbrüchen. Vielen Hobbygärtnern sind dabei Garten- oder Balkonpflanzen erfroren. Aber wie sieht es in der Landwirtschaft aus? Sind die niedrigen Temperaturen im Winter ein Risiko für die Ernte oder sogar ein Segen? Kurzgefasst: sowohl als auch.

Frost sorgt für lockeren Boden

Eine Bauernregel besagt: „Ist der Winter warm, wird der Bauer arm“. An dieser Weisheit ist durchaus etwas dran: Vor allem Ackerbauern freuen sich über kalte Winter. Die sogenannte Frostgare sorgt für eine Lockerung der Ackerböden, die über das Jahr durch Befahren und Niederschläge nachverdichtet sind. Liegen die Temperaturen mehrere Tage in Folge unter dem Gefrierpunkt, gefriert der Boden bzw. die Feuchtigkeit, die die Kapillare und Risse des Bodens durchdringt. Da Eis ein größeres Volumen als Wasser hat, werden größere Erdklumpen regelrecht aufgesprengt. Auch einige Mineralstoffe im Boden werden aufgespalten. Bei jedem erneuten Auftauen und Gefrieren des Bodens wird die Bodenstruktur feiner.

Durch die Frostgare wird den Kulturpflanzen die Durchwurzelung des Bodens erleichtert. Zudem verbessert sich die Verfügbarkeit von Wasser und Nährstoffen. Auch Bodenlebewesen profitieren davon und tragen somit selbst weiter zur verbesserten Bodenstruktur bei. Nach einem kalten Winter hat das im Herbst gesäte Wintergetreide also zu Beginn der Vegetationsperiode im Frühjahr beste Wachstumsvoraussetzungen.

„Dezember kalt mit Schnee, tut dem Ungeziefer weh.“

Oft wird pauschal angenommen, dass kalte Winter für eine natürliche Eindämmung von Schädlingen sorgen. Das ist jedoch von Art zu Art unterschiedlich. Viele heimische Insekten sind perfekt an niedrige Temperaturen angepasst. Sie fallen in eine Winterstarre oder überwintern kältegeschützt. Solche Arten leiden eher unter starken Temperaturschwankungen, die sie zu früh aus ihrer Winterstarre wecken. Auch zu warmes und feuchtes Winterwetter kann viele Schadinsekten gefährden, da sie unter diesen Bedingungen vermehrt von Pilzkrankheiten befallen werden.

Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass milde Winter durchaus die Ausbreitung einiger Schadinsekten und auch Pflanzenkrankheiten begünstigen. Beispielsweise führen sie dazu, dass die Mobilität von krankheitsübertragenden Schädlingen ansteigt oder verlängert wird: Blattläuse beispielsweise vermehren sich dann schon früher im Jahr, weil die erwachsenen Exemplare den Winter in großer Zahl überstehen. Pflanzen sind damit einer höheren Gefahr ausgesetzt. Der Schädlingsbefall wird durch milde Wintertemperaturen dynamischer und für Landwirte schwerer vorhersehbar. Studien zeigen zudem, dass höhere Temperaturen in den Wintermonaten günstigere Bedingungen für bodenbürtige Krankheiten wie Getreiderost und Mehltau schaffen. Bei milden Temperaturen überstehen ihre Erreger den Winter im Boden.

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