Biostimulanzien auf dem Acker: Was bringen sie wirklich?

Angesichts immer strengerer Regulierungen im Bereich Pflanzenschutz und Düngung stehen landwirtschaftliche Betriebe vor großen Herausforderungen. Alternative Produkte und Verfahren gewinnen zunehmend an Bedeutung, um nachhaltiger zu arbeiten und gleichzeitig den Ertrag zu sichern. Ein prominentes Beispiel dafür sind Biostimulanzien, die natürliche biologische Prozesse nutzen und aus Stoffen wie etwa Mikroorganismen oder Algenextrakten gewonnen werden. Ihr Ziel ist es, die Pflanze so zu unterstützen, dass sie besser wächst, Nährstoffe effizienter aufnimmt und widerstandsfähiger gegenüber abiotischen Stressfaktoren wie Hitze, Kälte oder Trockenheit wird.

 

Vier Jahre Erfahrung mit Biostimulanzien: Erfolge unter schwierigen Bedingungen

Viele Landwirtinnen und Landwirte stehen den neuen Mitteln skeptisch gegenüber. Jan Steffen Grünhagen aus Brandenburg bewirtschaftet mit seinem Vater zusammen 2.000 Hektar Ackerland – ein Viertel ökologisch, der Rest konventionell. Der junge Landwirt wollte sich ein eigenes Bild machen und setzt seit vier Jahren in verschiedenen Kulturen Biostimulanzien ein – mit durchweg positiven, messbaren Ergebnissen: „Unsere Kartoffelpflanzen entwickeln kräftigere, gesündere Wurzelsysteme, und beim Raps erreichen wir eine gleichmäßige Blüte“, berichtet Grünhagen.

Da die Bedingungen in ihrer Region herausfordernd seien – sandige Böden bei gleichzeitiger trockener Witterung – „sind wir offen für innovative Lösungen, die uns helfen, den Stress für die Pflanzen zu reduzieren und stabile Erträge zu erzielen. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt: Der Einsatz von Biostimulanzien ist ein wichtiger Baustein auf diesem Weg.“

 

Unterschiedliche Wirkung je nach Boden

Steffen Hünnies, Technischer Leiter am Versuchsgut Merklingsen der FH Südwestfalen, bewirtschaftet dagegen eher gute Böden. Seit 2022 würden auf seinen Flächen Versuche durchgeführt, um die Wirkung von Biostimulanzien auf Kulturen wie Silomais, Winterweizen und Gerste zu prüfen. „In den meisten Fällen konnten keine signifikanten positiven Effekte auf Ertrag oder Pflanzenqualität nachgewiesen werden“, sagt Hünnies. Er vermutet jedoch, dass „Biostimulanzien unter stressigen Umweltbedingungen oder in Regionen mit suboptimalen Bodenbedingungen nützlicher sein können“.
Hünnies macht deutlich, dass der Nachweis der Effekte von Biostimulanzien schwierig sei, da ihre Wirkung stark von Faktoren wie Bodenbeschaffenheit, Klima und Witterung abhänge. Umso wichtiger seien weitere unabhängige Versuche, um die Rolle von Biostimulanzien besser zu verstehen und ihre Verwendung zu optimieren.

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Moderne Züchtungsmethoden: 5 Irrtümer über die Genschere CRISPR/Cas

Für Landwirtinnen und Landwirte wird es immer schwieriger, gute Ernten einzufahren: Die Weltbevölkerung wächst, die Anbaufläche schrumpft, während durch den Klimawandel extreme Wetterlagen drohen und sich neue Schädlinge verbreiten. Gleichzeitig gibt es zu wenig verfügbare Pflanzenschutzmittel und auch das Düngen wird immer strenger reguliert. Deshalb rücken neue Züchtungsmethoden wie CRISPR/Cas in den Fokus, um Pflanzen schneller und effizienter an die sich ändernden Bedingungen anzupassen. Doch es gibt Vorbehalte gegen die nobelpreisgekrönte Genschere.

1. „CRISPR/Cas ist dasselbe wie Gentechnik.“

Obwohl beide Technologien genetische Veränderungen beinhalten, unterscheidet sich CRISPR/Cas von traditionellen gentechnischen Methoden. Mithilfe von CRISPR/Cas können gezielte Änderungen vorgenommen werden, ohne fremde DNA einzuführen. Die Methode ermöglicht also präzise Anpassungen, die auch durch traditionelle Züchtungsmethoden oder natürlichen Mutationsdruck durch bspw. Sonnenstrahlen erreicht werden könnten, allerdings schneller und gezielter. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler betonen in einem offenen Brief, dass die resultierenden Pflanzen nicht von klassisch gezüchteten Pflanzen zu unterscheiden sind.

2. „CRISPR/Cas bringt Landwirtinnen und Landwirten nichts.“

Die Pflanzenzüchtung hat seit jeher maßgeblich zur Entwicklung des Ackerbaus beigetragen. Durch immer besser angepasste Sorten konnten gute Erträge gesichert werden. Angesichts der Tatsache, dass immer weniger Pflanzenschutzmittel zur Verfügung stehen sowie der Klimawandel die Ernten zunehmend gefährdet, gewinnt die Pflanzenzüchtung noch mehr an Bedeutung. Die klassische Züchtung einer neuen schädlingsresistenten oder klimaangepassten Sorte dauert, vom Samen bis zur Zulassung, über zehn Jahre und kostet viele Millionen Euro. Dabei sind notwendige Vorarbeiten wie die Identifikation einer bestimmten Eigenschaft noch nicht eingerechnet. Mit CRISPR/Cas können der Züchtungsfortschritt beschleunigt und landwirtschaftlichen Betrieben neue Möglichkeiten (bspw. neue Kulturen) zur Weiterentwicklung ihrer Betriebe zur Verfügung gestellt werden.

3. „Von CRISPR/Cas profitieren nur große Konzerne.“

Auch die kleineren mittelständischen Pflanzenzüchter, die beispielsweise im Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter organisiert sind, sprechen sich für die Nutzung von CRISPR/Cas aus, weil auch für sie die Züchtung effizienter und kostengünstiger werden würde. Es gibt zahlreiche Initiativen, beispielsweise die Agricultural Crop Licensing Plattform, um den Zugang zum Züchtungsfortschritt zwischen interessierten Akteuren zu teilen.

4. „Gentechnisch veränderte Lebensmittel sind nicht sicher für den Verzehr.“

Es gibt Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von CRISPR/Cas-veränderten Lebensmitteln. Aus wissenschaftlicher Perspektive sind diese Lebensmittel jedoch genauso sicher wie die aus konventionell gezüchteten Pflanzen. Der Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung, Prof. Andreas Hensel, weist darauf hin, dass bereits Milliarden von Menschen und Tieren gentechnisch veränderte Lebensmittel konsumiert haben – bislang ohne einen einzigen Fall, der gezeigt hat, dass dadurch negative Auswirkungen auftreten.

5. „Wir können auf CRISPR/Cas verzichten.“

Die Genschere kann dazu führen, Landwirtschaft produktiver, umweltbewusster und ressourcenschonender zu machen und Ernährungssicherung zu verbessern. Auch die Züchtung von bislang weniger nachgefragten Sorten kann dadurch wieder rentabel werden, betont die Nationale Akademie der Wissenschaften. Dadurch könnte die Landwirtschaft nachhaltiger und vielfältiger werden. Viele andere Länder haben das Potenzial erkannt. Sollte Europa weiterhin auf CRISPR/Cas verzichten, würde Zukunftsforschung unweigerlich abwandern und die europäische Landwirtschaft vom Fortschritt abgeschnitten werden.

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