„Schau ins Feld!“ 2024 – Pflanzenschutz sichtbar machen und Verständnis schaffen

Es geht wieder los: Im Rahmen der Mitmach-Aktion „Schau ins Feld!“ gehen auch 2024 deutschlandweit über 1.000 Landwirtinnen und Landwirte an die Öffentlichkeit. Mit sogenannten Nullparzellen und Infotafeln am Feldrand wird die Bedeutung von Pflanzenschutz für sichere Erträge und die Erzeugung gesunder und hochwertiger Nahrungsmittel veranschaulicht. Ziel ist es, das Geschehen auf dem Feld transparent zu machen und mit dem Expertenwissen der Teilnehmenden mehr Verständnis für die landwirtschaftliche Praxis zu schaffen.

Bei „Schau ins Feld!“ verzichten die Teilnehmenden in einem für Passantinnen und Passanten gut sichtbaren Teil ihrer Äcker auf jegliche Pflanzenschutzmaßnahmen. Diese Nullparzellen kennzeichnen sie mit einem Schild, das Informationen zur Aktion bereithält und zum Dialog einlädt. Bereits nach einiger Zeit der Vegetation lassen sich in den Nullparzellen die ersten Folgen erkennen, vor allem im direkten Vergleich zum Rest des Feldes: Unkräuter, Krankheiten und Schädlinge breiten sich aus. Am Ende der Saison stehen deutlich geringere und minderwertigere Erträge zu Buche.

Im Rahmen der Mitmach-Aktion geht es zunehmend auch um weitere Themen des integrierten Pflanzenbaus. Zum Beispiel werden neben den verschiedenen Bausteinen des Pflanzenschutzes auch die Pflanzenernährung, Biostimulanzien, der Einsatz digitaler Lösungen oder etwa Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt thematisiert. Gleichzeitig geraten neue Herausforderungen durch zunehmende klimatische Veränderungen und politische Regulierung ins Blickfeld. 

Aber nicht nur die Themenvielfalt, sondern auch die kostenlosen Materialien  der „Pflanzenschützer“ haben sich erweitert: Neben der klassischen „Schau!“-Tafel, gibt es inzwischen auch Biodiversitäts-Infotafeln, eine neue Info-Broschüre, Aktionsmaterialien und Give-aways. Außerdem liefern Kommunikationsworkshops hilfreiche Tipps für die eigene Öffentlichkeitsarbeit von Landwirtinnen und Landwirten.

„Schau ins Feld!“-Teilnehmende können bis Ende April 2024 mit etwas Glück einen 100-€-Gutschein der Firma Engelbert Strauss gewinnen, indem sie weitere Landwirtinnen und Landwirte für die Aktion begeistern (Teilnahmebedingungen). Mitmachen lohnt sich!

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Praxisberichte: Biostimulanzien in der Anwendung

Biostimulanzien sind Naturstoffe, die pflanzliche Ernährungsprozesse stimulieren. Landwirtinnen und Landwirte versprechen sich hierdurch eine verbesserte Nährstoffaufnahme und -verwertung in den Kulturpflanzen. Biostimulanzien sollen etwa das Wurzelsystem verbessern und gleichzeitig die Stresstoleranz gegenüber abiotischen Umweltfaktoren wie Trockenheit, Hitze oder Frost steigern (siehe auch Newsbeitrag Biostimulanzien).

In der Landwirtschaft gewinnen Biostimulanzien unterschiedlichster Art immer mehr an Relevanz. Wir haben mit drei Landwirten aus dem Pflanzenschützer-Netzwerk gesprochen und nachgefragt, welche Erfahrungen sie bisher mit Biostimulanzien sammeln konnten. Welche Biostimulanzien wurden getestet? Wie werden sie angewandt? Und was können die Stoffe in der Praxis leisten?

Seit rund drei Jahren setzt Matthias Albers aus Rheine (Nordrhein-Westfalen) auf dem elterlichen Hof Biostimulanzien ein. Er hat bislang gute Erfahrungen damit gemacht. „Ich nutze die Biostimulanzien überwiegend in Nährstoffbeizen, sowohl bei Mais als bei Getreide“. Mit der Beize werden die Nährstoffe und Biostimulanzien auf das Saatgut aufgebracht, wo sie unmittelbar am Keimling wirken können. „Die Biostimulanzien, die ich anwende, sind sich dabei alle relativ ähnlich. Sie basieren auf Pflanzenextrakten und/oder einem lebenden Bakterium“, so der Junglandwirt. Er ist überzeugt, dass Nährstoffbeizen kombiniert mit Biostimulanzien schon bald zum Standard in der Landwirtschaft gehören. „Besonders bei der Jugendentwicklung der Maispflanzen zeigen sich positive Ergebnisse; aber auch im Wurzelwachstum – vor allem bei der Feinwurzel.“

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Auch Phillip Krainbring aus Wanzleben-Börde (Sachsen-Anhalt) setzt schon länger Biostimulanzien bei sich auf dem Hof ein. Er fing bereits 2017 damit an, unterschiedliche Möglichkeiten zu testen. Seine Motivation zog er daraus, Alternativen zu chemischer Saatgutbehandlung zu finden. Er will auf politische Vorgaben gut vorbereitet sein, anstatt irgendwann adhoc reagieren zu müssen. „Im ersten Schritt habe ich es mit einer Elektronen-Saatgut-Behandlung ausprobiert. Danach habe ich es auch mit Beizen versucht. Mikroorganismen waren dabei, aber auch Algenextrakte. Hauptsächlich habe ich Biostimulanzien im Mais und Weizen eingesetzt; teilweise und in deutlich kleinerem Umfang auch im Raps und bei Zuckerrüben.“ Phillip Krainbring konnte dabei zwar bisher keine gravierenden Unterschiede bei der Ertragsmenge feststellen. Er ist sich aber sicher, dass er durch Biostimulanzien ein verbessertes Wurzelwachstum sehen kann und seine Kulturpflanzen dank Biostimulanzien robuster sind.

Dirk Klaßen aus Jüchen (Nordrhein-Westfalen) sieht in Biostimulanzien die Möglichkeit, seine Kulturpflanzen resistenter gegen Stressfaktoren zu machen. Langfristig verspricht er sich hierdurch auch eine Reduzierung von Pflanzenschutzmitteln. Dirk Klaßen nutzt bereits seit über fünf Jahren Algenprodukte im Zuckerrübenanbau. Dort hat er auch schon Mikroorganismen, Gesteinsmehle und Bakterienprodukte ausprobiert. Einerseits möchte er mit Hilfe von Biostimulanzien Synergien mit chemischen Pflanzenschutzmitteln schaffen und speziell die Wirkung von Fungiziden verbessern, andererseits versucht er damit Insektizide einzusparen.

Durch die guten Erfahrungen, die Matthias Albers mit Biostimulanzien machen konnte, steht der weitere Einsatz für ihn außer Frage. „Biostimulanzien sind eine tolle Möglichkeit, Nährstoffe optimal zu nutzen. Durch vitalere Pflanzen werden wir langfristig Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft einsparen können“, ist er überzeugt. Gleichzeitig blickt er gespannt auf zukünftige Entwicklungen in diesem Bereich: „Wenn neue Produkte auf dem Markt sind, bin ich immer bereit, diese zu testen. Ich denke, jede Landwirtin und jeder Landwirt sollte bei Biostimulanzien eigene Erfahrungen sammeln!“

Phillip Krainbring ergänzt, dass man als Landwirtin und Landwirt generell nicht „stehenbleiben“ sollte: „Es ist wichtig, sich immer weiterzuentwickeln, unbefangen Neues auszuprobieren und selbst zu schauen, was für einen funktioniert.“ Er achte darauf „neue Methoden nicht immer gleich komplett anzuwenden, sondern Vergleichsflächen mit und ohne die Maßnahme zu haben, um gute Aussagen über den Erfolg treffen zu können.“

Für Dirk Klaßen ist es entscheidend, sich bei seinen Versuchen mit Biostimulanzien und anderen Naturprodukten nicht zu schnell entmutigen zu lassen. Obwohl er zum Beispiel bei der Wirkung von Rottelenkern (Substanzen, die die Verrottungsprozesse beschleunigen) bisher keine großen Erfolge sehen konnte, will er das Thema noch nicht aufgeben. Außerdem plant er, demnächst Komposttees auszuprobieren. Diese stellen Kulturpflanzen Mikroorganismen in sehr hoher Menge zur Verfügung.

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Saatgutbehandlung: Alternativen zur chemischen Beizung

Die Beizung von Saatgut gilt als eine der ältesten Maßnahmen unter den Bausteinen des Pflanzenschutzes. Spätestens seit dem Einsatz chemischer Beizmittel im 19. Jahrhundert etablierte sie sich als effektive Methode, um Saatgut vor Schädlingen, Pilzen und Krankheitserregern zu schützen. Doch die politischen Ziele, den Einsatz chemischer Mittel in der Landwirtschaft zu reduzieren, richten sich auch an die Beizung: Immer wieder gibt es neue Auflagen zur Reduktion oder fallen chemische Wirkstoffe ganz weg. Daher wird vermehrt zu nicht chemischen Alternativen der Saatgutbehandlung geforscht.

Elektronenbehandlung

Bei dieser Methode werden Elektronen erzeugt und mithilfe eines Elektronenbeschleunigers auf das Saatkorn gelenkt. Beim Aufprall wird Energie freigesetzt, die Pilzsporen und Bakterien abtötet. Dieses Verfahren wirkt dabei nur gegen Erreger auf der Kornoberfläche. Gegen Krankheitserreger im Inneren der Samenkörner, wie zum Beispiel Flugbranderreger, ist es wirkungslos.

Dampfbehandlung

Die Dampfbehandlung gilt als besonders effiziente Methode zur Behandlung von Saatgut. Sie ist kostengünstig und erfordert wenig Zeitaufwand. Durch heißen Wasserdampf werden Krankheitserreger auf der Kornoberfläche abgetötet. Nachteil der Dampfbehandlung: Auch sie wirkt nicht gegen Erreger im Inneren des Saatguts.

Biologische Behandlung

Der Einsatz von bestimmten Bakterien ist in der ökologischen Landwirtschaft schon lange verbreitet. Diese töten gezielt Pilze und Krankheitserreger auf dem Saatgut ab und verhindern so eine Ausbreitung der Schäden.

Biostimulanzien

Anders als die übrigen Verfahren, dient die Beizung mit Biostimulanzien dazu, beispielsweise die Nährstoffaufnahme und die Wurzelbildung der Pflanzen anzuregen und so ein gesundes Pflanzenwachstum zu fördern.

Echte Alternativen für die chemische Beizung?

Die hier vorgestellten Methoden sind vor allem bei der Bekämpfung von Pilzen und Krankheitserregern auf der Oberfläche des Saatguts eine wirksame Alternative zu chemischer Beizung. Gegen Erreger im Innern, wie beispielsweise Flugbrand, sind sie aber in der Regel wirkungslos. Zudem bieten die alternativen im Gegensatz zu chemischen Beizmitteln keinen vorbeugenden Schutz, zum Beispiel gegenüber Krankheitserregern oder Schadinsekten im Boden.

Bei Anwendung dieser Verfahren ist es also für die Landwirtschaft besonders wichtig, das Saatgut bei der Aufbereitung sorgfältig zu prüfen, um einen Befall mit solchen samenbürtigen Krankheitserregern auszuschließen. Außerdem hängt die Wahl der richtigen Methode zur Saatgutaufbereitung im Einzelfall von den Anbaubedingungen und den Gegebenheiten der Anbauflächen ab.

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